Über Bier lässt sich trefflich streiten. Welches nun das Beste sein möge, wer wie viel verträgt, und ob man es nun aus der Flasche oder dem Glas trinken sollte, und bei welcher Temperatur. Und als sei dies noch nicht genug, hört und ließt man seit neuestem gar von heilenden Wirkungen, und vor allem von einem scheinbar fehlerhaften Attribut, was dem Bier in all seinem Glanz anhaftet: Dass es dick macht. Selbst ernannte Experten sprechen mit geballtem Halbwissen vom Bier als „einem der kalorienärmsten Getränke“ und als sei der allseits bekannte „Bierbauch“ noch nicht Beweis genug, auch noch vom problem- und sorglosen Genuss. Mit diesem albernen Versuch, eine ernährungswissenschaftlichen Gewissheit zu verneinen, soll hier aufgeräumt werden.
Zunächst sollte man sich bewusst sein, dass der regelmäßige sowie übermäßige Konsum von Bier durch die abhängig machende Wirkung des Alkohols mit Vorsicht zu genießen ist. Diese Thematik soll hier jedoch nicht weiter behandelt werden. Bier als Dickmacher zu bezeichnen, ist generell, und vor allem vor dem Hintergrund der Menge, welche in Deutschland pro Kopf konsumiert wird, absolut gerechtfertigt. Das Bier an sich hat, abgesehen von geringen Unterschieden die Brautechnik und den Alkoholgehalt betreffend, im Durchschnitt etwa 470 kcal pro Liter. Da ein gesunder Mensch pro Tag im Durchschnitt nicht mehr als 2500 kcal benötigt, ist dies schon nicht wenig.
Die immer geläufiger werdende Behauptung, abgesehen von Tee, Kaffee und Mineralwasser sei Bier das kalorienärmste Getränk, ist großer Unfug. Die meisten Fruchtsäfte haben pro Liter etwa dieselbe Anzahl an Kalorien (Apfelsaft = 450kcal/Liter), oft weniger, kalorienreduzierte Limonaden und Fruchtmischgetränke oft deutlich weniger. Somit ist Bier mit seinen 470kcal/Liter immernoch im oberen Bereich der verstärkt kalorienhaltigen Getränke, und im Vergleich mit Lebensmitteln in einer Liga mit Schokolade (1 Tafel = ca. 500kcal).
Darüber hinaus ist Bier mit Getränken wie Säften und Milch überhaupt nicht vergleichbar. „Aus Alkohol ist keine positive Energie zu gewinnen“, weiß Stoffwechselexperte Prof. Joachim Mössner von der Universität Leipzig. „Ich kann also nicht einfach Lebensmittel durch Alkohol ersetzen, wenn ich Kalorien sparen will. Das würde unweigerlich zu einer Mangelernährung führen.“ Damit ist auch der gern zitierte Begriff des “flüssigen Brotes” ad acta gelegt.
Besonders die Bedeutung von Alkohol als Kalorienträger ist vielen Menschen nicht bekannt. Alkohol hat nach reinem Fett die meisten Kalorien. Der durch die Vergärung von Zucker gewonnene Alkohol wird beim Abbau in der Leber bei hohem Sauerstoffverbrauch in Fett umgewandelt. So macht allein der Alkohol im Bier etwa die Hälfte der Kilokalorien aus. Da die meisten Biere mit rund 5% Alkoholgehalt noch relativ wenig Alkohol beinhalten, erhöht sich die fettmachende Wirkung alkoholischer Getränke über Wein bis hin zu Spirituosen enorm.
Besonders wichtig ist im Vergleich zu anderen alkoholhaltigen Getränken die verstärkte appetitanregende Wirkung des Bieres. Durch seine leichte Verdaulichkeit wird der Verdauungstrakt förmlich ausgespült. Zusätzlich zum appetitanregenden Alkohol wird dadurch ein Hungergefühl erzeugt, bei übermäßigem Konsum sogar ein regelrechter Heißhunger, der oft ohne es richtig zu merken durch übermäßiges Essen kompensiert wird. Da Bier häufig abends und in geselliger Runde konsumiert wird, wird dieses Essen häufig in Form von sogenannten „Knabbereien“ wie Chipsen, Nüssen o.ä. zu sich genommen, die durch ihren hohen Fettgehalt ihren Teil zum gehaltvollen abendlichen Genuss beitragen.
Niemandem soll die Freude auf sein wohlverdientes Feierabend-Pils genommen werden. Doch dafür muss man sich nicht in die Tasche lügen. Wie so oft gilt das Motto: Genießen ja, aber in Maßen, nicht in Massen. Dann schwillt auch der Bierbauch nicht an, und das Bier macht das, was es soll: Schmecken.