Bush strebt uneingeschränkte Nutzung des Weltalls an

Als die Bush-Doktrin – also die uneingeschränkte Verteidigung der amerikanischen Werte in aller Welt auch mit Hilfe von Präventivkriegen – nach den Anschlägen vom 11. September an die Öffentlichkeit kam, endete praktisch eine zuvor einigermaßen ruhige weltpolitische Phase. In der Folge führten die Vereinten Nationen auf Drängen der USA in Afghanistan Krieg, die Amerikaner griffen ohne UN-Resolution den Irak an und islamische Extremisten attackierten als Antwort darauf, wieder und wieder das europäische Transportsystem: Vollbesetzte Züge verwandelten sich in blecherne Friedhöfe und Busse in heimtückische Todesfallen. Darüber hinaus wird fortwährend über die Sicherheit auf Interkontinentalflügen diskutiert: Können Terroristen Flugzeuge mittels liquider Sprengstoffe in die Luft jagen oder nicht?

Space-Cowboy will All erobern
Die zunehmende Verunsicherung auf Erden, scheint der derzeit in Washington amtierenden Bush-Administration aber längst nicht ausreichend zu sein. So veröffentlichte das Weiße Haus jetzt ein Papier, welches es als grundlegend ansieht, den Amerikanern den Weltraum für die Verteidigung ihrer Werte zu sichern: Eine Konkurrenz in diesen staatenlosen Sphären sei weitergehend nicht gestattet. So besagt selbiges Dokument, dass die Handlungsfreiheit der Vereinigten Staaten im Weltraum mindestens genauso wichtig sei, wie die Macht zu Luft und zur See. Jeder, der diese Handlungsfreiheit, beispielsweise durch etwa befürchtete terroristische Angriffe auf US-Satteliten gefährdet, müsse notfalls davon abgebracht oder abgeschreckt werden. Was „abgebracht“ und „abgeschreckt“ genau bedeuten soll, bleibt in der „National Space Policy“ allerdings offen. Feststehen dürfte jedoch, dass die USA zukünftig keine andere Nation im Weltraum militärisch akzeptieren.

Eine Forderung, die durchaus als ein stückweit absurd bezeichnet werden kann, geht man davon aus, dass sich der luftleere Raum, den wir All nennen, nicht nur über dem Territorium der Vereinigten Staaten befindet. Was für selbige natürlich auch ein ausschlaggebender Faktor ist, ein solches Dokument herauszugeben. Verteidigt werden die amerikanischen Werte schließlich – wie die Bush-Doktrin von 2002 besagte – nicht zwangsläufig im eigenen Land. Und somit werden letztlich auch Spionagesatteliten und etwaige futuristische Weltraumwaffen, an denen bereits die US-Regierung unter Ronald Reagan in den 80er Jahren arbeitete, relevant. Ob solche futuristischen Waffen aber wirklich eine zukunftsnahe Perspektive sind, bleibt ausgesprochen fraglich. Einen „Krieg der Sterne“ sollte es zumindest in den nächsten Jahrzehnten nicht geben. Doch wenn es ihn geben würde, hätten die USA sich zumindest eine Art Vormachtstellung im All gesichert. So wohl die Überlegung, hinter der neulich ausgegebenen Doktrin.

Raketenabwehr als realistische Nutzung?
Eine weitere Einsatzmöglichkeit, die weniger auf Angriff, denn auf wirklicher Verteidigung basiert, wäre das vor einigen Jahren in Washington bereits diskutierte Raketenabwehrprojekt im Orbit. Allerdings bereitet schon die Raketenabwehr vom Boden aus immense technische Probleme. Wie das Pentagon also in nächster Zeit eine Raketenabwehr im All installieren will bleibt mehr als fraglich. Zumindest Angriffe vom Boden auf Satteliten sind möglich – hier kann man dem Papier wohl noch zustimmen, wenn auch dies eine der kleineren Sorgen sein dürfte: Erst kürzlich wurde von chinesischem Territorium ein Laserstrahl auf einen US-Satteliten abgefeuert. Grund genug also, um die neben den USA verbleibenden 192 Staaten der Erde von der militärischen Nutzung des Weltraums auszuschließen: Die einen dürfen sich eben verteidigen und die anderen nicht.