Tag der deutschen Einheit: Versöhnung und Aufbruch

Deutschland feiert heute den Tag der Einheit, und nach 1990 findet der zentrale Festakt wieder in Berlin statt. Neben zahlreichen Veranstaltungen wird heute abend als Höhepunkt das fertig sanierte Brandenburger Tor enthüllt und in neuem Glanz erstrahlen. Doch nicht nur dieses historische Bauwerk und die Erinnerungen an die Wiedervereinigung von Ost und West werden heute aufgefrischt, auch die Solidarität und Freundschaft zwischen der Bundesrepublik und den USA wird heute großgeschrieben, und Worten des Dankes folgten versöhnliche Worte aus dem Weissen Haus.

Johannes Rau erinnerte bei der traditionellen Festtagsrede als Bundespräsident daran, dass die vereinigten Staaten maßgeblich zur Wiedervereinigung beigetragen haben und betonte: „Wir bleiben unseren Freunden in der Welt für ihre Hilfe und Unterstützung dankbar, das werden wir ihnen nicht vergessen“. Zudem erinnerte Rau an den legendären Auftritt Kennedys in Berlin, in der er die Völker beider und aller Länder beschwor, sich stets gemeinsam für die Ideale von Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit einzutreten. „Für diese Ideale wollen wir auch in Zukunft gemeinsam eintreten“, gab Johannes Rau zu verstehen.

US-Präsident Bush nahm den Feiertag zum Anlass, um die wochenlange Eiszeit und Funkstille des Weissen Hauses gegenüber der Bundesrepublik zu brechen. Raus Sprecher Klaus Schrotthofer gab bekannt, Bush habe in einem Glückwunschschreiben an den Bundespräsidenten geschrieben: „Amerika feiert mit Deutschland diesen bedeutenden Tag.“ Die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland waren durch die Ablehnung der Regierungskoalition für eine kriegerische Beteiligung im Irak-Konflikt und durch den angeblichen Bush-Hitler-Vergleichs von Ministerin Däubler-Gmelin in den letzten Wochen angespannt gewesen (Lifego.de berichtete).

Doch durch die deutschen Entschuldigungen und Bemühungen um klärende Gespräche und durch die grosse Dankbarkeit der Deutschen, die Rau und alle anderen Spitzenpolitiker heute deutlich machten, kehrt wieder Normalität ein. Bush betonte: „In den letzten fünf Jahrzehnten haben Millionen Amerikaner Deutschland besucht oder dort gelebt, als Soldaten, Studenten oder Geschäftsleute. Ihre Freundschaften mit Deutschen und ihre guten Erinnerungen an ihre Erlebnisse bilden eine feste Grundlage, um die neuen Herausforderungen zu bestehen“.

Auch die Leistung der Deutschen selbst lobte und würdigte Präsident Rau. Zudem hätten die Deutschen eine grosse Verantwortung, um sich als würdig für die internationale Hilfe und für den Kampf der Menschen in Deutschland für die Wiedervereinigung würdig zu erweisen: „Wir Deutschen sind uns nicht selbst genug, wir bringen unseren Standpunkt ein, wir leisten unseren Beitrag. Wir stehen zu unserer Verantwortung und zu unseren Verpflichtungen“. Zudem warnte er vor einer „Geschichtsvergessenheit“ gleichermaßen wie vor einer Verwechslung von Nationalismus und Patriotismus.

Der 3. Oktober, in diesem Jahr nicht nur ein Feiertag, auch ein Tag der Versöhnung und des Dankes, und ein Tag des erneuten Aufbruchs, um die sicherlich noch nicht in allen Bereichen und Köpfen erreichte Wiedervereinigung und das Zusammenwachsen der alten und neuen Bundesländer weiter entschlossen anzugehen.

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