Kino: So, wie es einmal war, wird es nie wieder …

Filme spiegeln immer den Zeitgeist wider, der unweigerlich dahintersteht. Im Rückblick schälen sich die verschiedenen Epochen des Kinos heraus, vom Stummfilm über die gigantischen Leinwand-Epen und dramatischen Westernfilme bis hin zum Heist-Genre und dem modernen Action-Theater. Was damals war, wird wohl nie wiederkommen – und falls doch, dann in völlig anderer Form. Die Zuschauer schwelgen zwar auch heute noch gern in Nostalgie, aber nicht im „neuen“ Film, sondern nur im authentisch alten Stoff. Das Kino erfindet sich deshalb immer wieder neu.

Langsam und melodisch ist nicht mehr „in“

Wäre ein Film wie „Pretty Woman“ auch heute noch möglich? Dieser Frage gehen wir gemeinsam mit Julia Roberts an anderer Stelle nach und kommen zu dem Schluss: So wie damals sicher nicht. Die Art der Film-Romantik hat sich geändert, vielleicht auch die Art der Menschen zu träumen. Heute sind wir im Gegensatz zu damals umgeben von technischen Geräten, jeder trägt sein Smartphone mit sich herum und hält immer und überall Verbindung zur Welt und seinen Freunden. Entsprechend haben sich die Lebenseinstellungen verändert, wir sind es gewohnt, dass alles „schnell“ geht, dass wir nicht lang suchen oder uns gedulden müssen. Wahrscheinlich wäre „Pretty Woman“ viel zu langsam und melodisch erzählt, um den modernen Zuschauer noch zu befriedigen. Und auch die alten Klischees treffen nicht mehr richtig ins Ziel: Arm und Reich, ausgestoßen und integriert – zwar gibt es das noch immer, doch erscheint der Kontrast zu stereotyp, um heute noch zu ziehen. Liebesfilme brauchen heute oft mehr „Grip“, um gehyped zu werden.

Der Trend geht Richtung in Action und Virtualität

Insgesamt geht der Trend deutlich in Richtung mehr Action, weniger erzählerische Tiefe, weniger ruhige Phasen. Das bringen vor allem die heutigen Dramen und Abenteuerfilme zum Ausdruck, die immer wieder neue Twists brauchen, damit das Publikum bei der Stange bleibt. Große Historienfilme wie „Ben Hur“ oder „Quo Vadis“ bräuchten heute wohl mehr als nur ein heißes Wagenrennen, um durch Dauerspannung die Zuschauer von ihren Handys abzuhalten.

Ähnliches gilt auch für die Heist-Filme, die in den 00er- und 10er-Jahren besonders stark vertreten waren: Grundsätzlich hat es diese Filme schon immer gegeben und vermutlich wird es sie vereinzelt auch in Zukunft weiter geben. Trotzdem scheint es, als sei die klassische Geschichte vom Underdog, der sich am Pokertisch oder in Las Vegas behauptet, nicht mehr so relevant wie noch vor 10 Jahren. Die entsprechenden Storys spielen sich jetzt eher auf den beliebten Online-Plattformen im Netz ab und nicht mehr unbedingt in den analogen Casinos. Das ist auch bei anderen Genres der Fall: Der Fokus verschiebt sich mehr und mehr in Richtung Internet und virtueller Welt, weil auch das Leben der Zuschauer zum großen Teil dort stattfindet.

Überraschungen in einer Welt der dauernden Wiederholung

Die Kinozuschauer sind satt und erfahren wie nie zuvor: Sie kennen fast jede Geschichte, jeden Trick und jede Dramaturgie. Wenn sie die Hintergründe auch nicht immer bewusst erfassen, merken sie doch, wann eine Handlung vorhersehbar wird. Darum müssen sich die heutigen Filmemacher regelmäßig Neues ausdenken und für Überraschungen sorgen, die zumindest noch nicht ganz so abgegriffen sind.

Die Erfolgsserie „Game of Thrones“ setzte zumindest in der ersten Hälfte darauf, Hauptcharaktere plötzlich sterben zu lassen und das Publikum so in ein tiefes Loch zu werfen. Es ging sogar die Sage um, der Autor wolle demnächst auf Protagonisten anderer Serien übergreifen, um auch diese zu töten, damit die krasse Linie erhalten bleibt. So weit kam es jedoch nicht, trotzdem ging das Konzept auf, es bildete sich eine gewaltige Fangemeinde, die mit Hochspannung auf das Fortlaufen der Geschichte harrte.

Hat der klassische Kinofilm in Zukunft Bestand?

Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob der klassische Kinofilm überhaupt noch Bestand haben wird. Die Kinos waren nun lange Zeit geschlossen, die Menschen jedoch haben nie aufgehört, ihre Blockbuster zu schauen. Sie können das ganz nach Belieben tun, auf vielen verschiedenen Displays, an fast allen Orten. In zahlreichen Wohnzimmern steht inzwischen mehr als genug Hardware für das private Kinoerlebnis bereit, mit Beamer oder Super-Display, einem ausgeklügelten Lautsprechersystem und dem wahrscheinlich gemütlichsten Sofa der Welt. Das Programm ist per Internet jederzeit frei wählbar, die Auswahl gigantisch.

Der Weg zurück zum klassischen Kino scheint durch diesen bequemen Filmgenuss erschwert: Das lokale Lichtspieltheater liegt schließlich meistens einige Kilometer entfernt und es kostet teilweise horrenden Eintritt, während die Auswahl an Filmen stark begrenzt ist. Nur noch die spezielle Kino-Atmosphäre bleibt als Alleinstellungsmerkmal übrig, das dieses historische Freizeitvergnügen retten kann. In dieser Hinsicht müssen sich die heutigen Kinobetreiber wahrscheinlich noch einiges einfallen lassen, um das Flair upzugraten und ihre Gäste zu halten.

Filme wird es immer geben – angepasst an die jeweilige Zeit

Doch egal, ob nun Netflix zum modernen Kino mutiert oder nicht: Filme wird es immer geben, und zwar stets angepasst an den Trend der Zeit. Dabei stehen nicht nur die Wünsche der Zuschauer im Mittelpunkt, sondern auch die technischen Möglichkeiten, die sich verfeinern und erweitern. Die Dreidimensionalität hat längst in die Filmwelt Einzug gehalten, auch diverse Versuche in Richtung Interaktivität gab es schon. Näher ran!, heißt die Devise. Eintauchen ist angesagt, in den Film verschwinden für abenteuerliche Stunden voll Action, Spannung und Liebe.

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