Eine melancholische Chili-Schote namens Frusciante

John Frusciante, Gitarrengott und ¼ der mittlerweile legendären Red Hot Chili Peppers veröffentlicht nun sein neues Solo-Album „The Will To Death“ – weitere fünf sollen noch in den kommenden Monaten folgen.

Der am 05. März 1971 geborene John hatte nicht nur die Red Hot Chili Peppers als Lieblings-Band, sondern auch deren ehemaligen Gitarristen Hillel Slovak als sein größtes Idol. Als er sie 1986 Backstage bei einem Konzert in Los Angeles traf, war dies somit gleichzeitig die Erfüllung eines Traumes und der Beginn einer Freundschaft.

Nachdem Hillel Slovak am 25. Juni 1988 an einer Überdosis starb und auch Jack Irons nach der dem Schock zugrunde liegenden einjährigen Pause der Peppers die Band verließ, bekam Frusciante seinen jugendlichen Traumjob als Chili Peppers-Gitarrist angeboten. Der Zeitpunkt hätte günstiger nicht sein können. „Mother’s Milk“ wurde mit dem jungen Frusciante noch erfolgreicher als der Vorgänger und mit „Blood Sugar Sex Magik“ gelang den Peppers dann 1991 endgültig der große Wurf. Beides war zu großen Teilen dem Gitarrenspiel Frusciantes zu verdanken.

Um den plötzlichen Ruhm zu verdauen, setzte der 20-Jährige wie auch Sänger Kiedis auf üppigen Drogenkonsum, der sich beim Nesthäkchen verstärkt in unvorhersehbaren Verhaltensweisen äußerte. Zu dieser Kategorie gehörte vor allem sein abrupter Ausstieg bei den Peppers inmitten einer Japan-Tournee 1992. In den sechs Peppers-losen Jahren führte Frusciante das Leben eines millionenschweren Einsiedlers, der sich in seinem Haus in L.A. einschloss und penibel auf uneingeschränkte Drogenzufuhr achtete.

Zwischen 1994 und 1997 veröffentlichte Frusciante zwei Solo-Alben mit Songs die in den Jahren 88-96 entstanden und seine unmittelbaren, nunmehr stark von Heroin kontrollierten Emotionen ungefiltert zur Akustikklampfe ins Aufnahmegerät brachten. 1997 unterzog sich John dann endlich einer Entziehungskur. Da die Peppers sich mit Dave Navarro gerade von ihrem x-ten Gitarristen verabschiedeten, veranlasste Flea, der mit John in all den Jahren einen sporadischen Kontakt pflegte, eine unverbindliche Peppers-Jam Session mit ihm. Der Rest ist Geschichte.

Nach dem Megaerfolg von „Californication“ veröffentlichte Frusciante 2001 sein auf Tour komponiertes, drittes Soloalbum „To Record Only Water For Ten Days“, das sein ehemals vereinsamtes Outsider-Leben vorrangig in synthetischen Soundgefilden widerspiegelt. Bevor er mit seinen Peppers-Kumpels das zweite Hit-Album „By The Way“ aufnahm, veröffentlichte er 2002 auf seiner Homepage ein weiteres, eigenes Album mit neuen Songs. Seine Fans dürften den Titel des reinen Internet-Albums aus vier Vorschlägen auswählen und entscheiden sich schließlich für „From The Sounds Inside“.

2004 ist wieder ein Frusciante-Jahr (und was für eines): John spielte sein viertes Werk „Shadows Collide With People“ ein, auf dem auch die Buddys Flea und Chad mitmischen. Kurz darauf wird bekannt, dass Frusciante weit mehr vor hat und bis zum Jahresende 2004 insgesamt noch sechs weitere Soloalben veröffentlichen will, die er zusammen mit Musikerkollege Josh Klinghoffer eingezimmert hat. Den Anfang macht das Werk „The Will To Death“, eine Reminiszenz an die rauen Hippie-Aufnahmetechniken der 60er und 70er Jahre mit vorwiegend düsteren Songs.

Gleich die ersten beiden Songs „A Doubt“ und „An Exercise“ lassen das Album fast gruselig melancholisch starten und fahren mit hohen Gesang und psychedelischen Klängen auf, ehe mit „Time Runs Out“ ein wenig die guten, alten Peppers-Klänge aufkommen. Ein sehr guter melancholischer, gar sehnsüchtiger Song ist „Unchanging“. „A Loop“ und „The Will To Death“ sind zwei leise Songs mit sehr gelungenem Gitarrenspiel, welches eigentlich auf der ganzen Platte zum Vorschein kommt, hier aber besonders. Gegen den Strom geht es mit dem Song „Wishing“, der eher hell und aufmunternd daher kommt. Bei dem Song „Loss“ könnte man dann ganz böse fragen, ob der Herr Frusciante auch wirklich clean ist, da der Song sehr experimentell rüberkommt. Alles in allem lauscht man der geradezu unheimlichen Perfektion des John Frusciante, der mal wieder in Sphären eintaucht, die für „Normalsterbliche“ kaum nachvollziehbar sind. Aber gerade das macht das Album so hörenswert: Dieses Staunen, dieses Bewundern.

Bei seinen Soloalben hört der Spaß auf, hier geht es um existenzielle Themen, um die Leiden und den Schmerz eines Superstars, der trotz aller Erfolge irgendwie Einzelgänger geblieben ist. „Life is an ugly friend of mine“, verriet er einmal selbst, oder wie es im Abschluss-Song heißt: „The will to death is what keeps me alive“. John Frusciante, einer der besten seiner Zunft, aber auch gleichzeitig einer der schrägsten.

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