Fluch oder Segen: Edelklopapier soll Abflüsse verstopfen

Ob ein-, zwei-, drei- oder vierlagig, ob parfümiert oder duftlos, ob weiß oder farbig, mit Mustern bedruckt oder geprägt, ob von der Rolle oder als Tuch, jeder braucht es – das Toilettenpapier. Doch während mindestens drei Lagen schon zum guten Ton in den meisten Haushalten gehört, gibt es einen neuen Trend: Feuchtes Toilettenpapier. Denn was gibt es angenehmeres für den Hintern als nach einer langen Sitzung feucht gewischt und quasi vom Toilettenpapier geküsst zu werden – zumindest wenn es nach den Herstellern dieser Produkte und ihren Werbungen geht. Und tatsächlich gibt es kaum mehr ein Geschäft, das neben „gewöhnlichem“ Toilettenpapier nicht auch schon solche Feuchttücher führt.

Doch gerade diesen Trend halten britische Forscher für bedenklich. Sie wollen in einer von „British Gas“ in Auftrag gegebenen Studie herausgefunden haben, dass vor allem feuchtes Toilettenpapier die Hauptursache für Verstopfungen in den Abflüssen sei. Diese haben in Großbritannien in der ersten Hälfte dieses Jahres um zehn Prozent zugenommen – schon um 35.000 verstopfte Toiletten hat sich die Firma in diesem Jahr gekümmert. „Die explosionsartige Zunahme von Luxus-Klopapier setzt die Toiletten unter starken Druck“, so ein Sprecher des Unternehmens. Und weiter: „Manches Klopapier mag besser für Ihren Komfort sein, anderes Papier besser für Ihr Abflussrohr.“

Dabei war gerade das britische Toilettenpapier vor dem Einzug des Luxus-Klopapiers für seine Rauheit berüchtigt und verursachte bei übermäßigem Gebrauch mitunter sogar Hautabschürfungen. Eine Zeitung namens „Old Farmer’s Almanac“ wurde sogar mit einem Loch in der Ecke herausgegeben, damit sparsame Briten sie im Klo aufhängen und als Toilettenpapierersatz benutzen konnten. Der von 1491 bis 1547 lebende britische König Heinrich VIII hingegen verzichtete gänzlich auf Toilettenpapier. Stattdessen beschäftigte er einen „Diener des Stuhles“, der das königliche Hinterteil mit der bloßen Hand sauberzumachen hatte.

Im Zuge der Studie wurde überprüft, wie lange es dauert, bis sich Toilettenpapier auflöst. Während billiges, umweltfreundliches Papier bereits nach wenigen Minuten und mehrlagiges, parfümiertes nach einer halben Stunde zerfällt, kann dieser Vorgang bei feuchtem Klopapier sogar bis zu fünf Tagen dauern. Selbst eine Zeitung, die eigentlich nur scherzeshalber in die Versuchsreihe eingebunden wurde, brauchte lediglich eine Stunde um sich im Wasser zu zersetzen. Aber auch gesundheitliche Bedenken gegen den neuen Luxustrend wurden bereits laut. Denn das in den Feuchttüchern enthaltene Konservierungsmittel IPBC kann bei regelmäßigem Gebrauch zu juckenden Ekzemen führen.

Die Hersteller der feuchten Toilettenpapiere wehren sich aber gegen die Ergebnisse der Studie. „Nach unserer Erfahrung liegt die häufigste Ursache für Verstopfung an den Abwassersystemen selbst und nicht an der Verwendung des Klopapiers“, so eine Sprecherin der Firma Andrex. Und weiter: „Wir können auf den Test nicht reagieren, weil wir nicht darüber informiert wurden, unter welchen Bedingungen er stattfand.“ Den meisten Herstellern geht die Studie wohl buchstäblich am Arsch vorbei…

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