Vampire – Vielfältig und geheimnissvoll

Blutsauger – dieser Begriff lässt sich vielfältig anwenden, sei es auf jene mystischen Wesen wie Graf Dracula, Nosferatu und die Blutgräfin Bathory, seien es Parasiten wie Zecken, Fledermäuse oder Blutegel oder die in der modernen Zeit immer häufiger auftretende Gattung der Kredithaie und Betrüger.

Den Unterschied zwischen Hirngespinst und Realität im Bezug auf Vampire klar und deutlich zu veranschaulichen, ist nicht einfach. Selbst der klassische Filmvampir Graf Dracula hat seinen Ursprung in einem realen Menschen, der wirklich gelebt hat: Vlad III., 1431 als Vlad Tepes in der Festungtsstadt Schäßburg in einem Gasthof als Sohn Vlad II. geboren und 1456 zum „Selbstherrscher, großer Vojevode und souveräner Herrscher und Herr aller Länder der ungarischen Walachei und der Gebiete jenseits der Gebirge“, Vlad III. gekürt.

Bis zu seiner Festnahme durch den ungarischen Königs Matthias Corvius im Jahre 1462 machte Vlad Tepes Dracul III. vor allem durch seine Blutrünstigkeit von sich Reden. So liess er Gesandten, die ihren Hut nicht vor ihm zogen, denselben auf ihrem Kopf festnageln, Zigeuner, Bettler und Diebe wurden grausam gefoltert und seine Kriegsgefangenen lies er pfählen. Letzteres brachte ihm übrigens erst den Beinamen Tepes – der Pfähler – ein. Dabei liess er die Unglücklichen mit dem Anus auf einen abgestumpften Pfahl setzen, welcher dann langsam durch den Darm in die Innereien rutschte. Ein qualvoller Tod, der sich durchaus über einige Tage hinziehen konnte. Der Mythos von Vlad Tepes als Graf Dracula, dem Vampir, entstand erst 1897, als Bram Stoker seinen Roman „Graf Dracula“ veröffentlichte.

Neben Vlad Tepes III. gab es noch andere Menschen, von denen man zu Lebzeiten oder nach ihrem Ableben behauptete, sie seien Vampire gewesen. So zum Beispiel Peter Kürten, der von 1883 – 1931 lebte und schliesslich als „Vampir von Düsseldorf“ bekannt wurde. Der Sohn eines Alkoholikers litt unter einem zwanghaften Blutdurst, den er an Tieren, später aber auch an Menschen befriedigte. Ungefähr 30 Morde verübte er, und war, wie viele Serienmörder, eher ein unauffälliger Mensch. Auch seine Frau ahnte nichts davon, dass er im Schutze der Nacht seine Opfer erwürgte und vergewaltigte, ihnen dann die Kehle aufschlitzte und ihr Blut trank. Bis er ihr alles gestand. Sie zeigte ihn an und Kürten wurde zum Tode verurteilt, das Urteil 1931 vollstreckt, ohne dass er Berufung eingelegt hätte.

Berichte über Vampire oder Vampirismus gibt es seit tausenden von Jahren und in allen Kulturen. Bei den Griechen fürchtete man sich vor den Lamien, auf Borneo vor den Dayaks, die Chinesen glaubten an Giang Shi und selbst die Inkaindianer kannten die »Canchus« oder »Pumapmicuc«. Die Seuchen, die im Mittelalter und auch noch im 18. und 19. Jahrhundert die Menschen heimsuchten, lieferten für die damalige Weltanschauung unwiderlegbare Beweise, dass Vampire ihr Unwesen trieben. Ihren Höhepunkt fand die Vampirhysterie im 18. Jahrhundert. Tausende von Gräbern wurden geöffnet, und oft fand man die zum Teil schon vor Wochen Beerdigten in bemerkenswert gutem Zustand. Zuvor auf dem Krankenbett ausgemergelte Körper eschienen wohlgenährt, mit runden Gesichtern und frischem Blut im Mund. Das Pfählen, enthaupten und verbrennen von Leichen sollte den Vampiren ein endgültiges Ende setzen, doch so manchen, der bei der Öffnung von Gräbern mithalf, ereilte das gleiche Schicksal. Lichtempfindlichkeit, Abneigung gegen starke Gerüche (wie Knoblauch!), Beklemmungen, „als ob mir jemand an den Halse geht“ und unstillbarer Durst waren damals untrügliche Anzeichen, dass eine Person von einem Vampir angefallen worden war. All diese Symptome wurden jedoch von Seuchen wie Tuberkulose, Milzbrand, Tollwut oder Pest verursacht, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass Vampire letztendlich auch dafür verantwortlich gemacht wurden.

Doch es gibt noch eine weitere Krankheit, die einen Menschen scheinbar zum Vampir werden lässt: die Porphyrie. Die Porphyriekrankheit stört die Produktion des roten Blutfarbstoffes, auch genannt Hämoglobin. Ursachen hierfür können ein vererbter Gendefekt sein, aber auch eine Vergiftung mit Blei oder anderen Chemikalien. Die biochemischen Grundprodukte, die der Körper zur Herstellung des Hämoglobins braucht, reichern sich dadurch im Körper an, dabei kommt es zu unregelmässigen Bauchkrämpfen und Depressionen. Bei schweren oder unbehandelten Fällen können ausserdem Lippen und Gaumen schrumpfen, dadurch treten die Zähne hervor, die durch die Porphyrie blutrot belegt sind – so, als ob der „Vampir“ gerade eben Blut getrunken hätte. Dialkalsufid verschlimmert im übrigen die Symptome sehr stark – dieser Stoff ist unter anderem in Knoblauch enthalten. Zu diesen Symptomen gesellt sich ausserdem eine extreme Lichtempfindlichkeit, die UV-Strahlung kann bei dieser Krankheit dazu führen, dass Nase und Finger verkrüppeln. Auch wird die Haut rissig und es entstehen offene Wunden, und schon ein kurzer Aufenthalt unter der Sonne kann zu schlimmen Sonnenbränden führen. Im Mittelalter rieten die Ärzte ihren vornehmlich adligen Patienten, die an diesen Symptomen litten, viel frisches Tierblut zu trinken…

Zur Verbreitung des Vampirmythos haben sicherlich auch die spanischen Conquistadores beigetragen, die aus Südamerika Berichte von blutsaugenden Fledermäusen mitbrachten. Dabei gibt es nur eine einzige Familie der Fledermäuse, die sich vom roten Lebenssaft ernährt, die Desmodontidae oder Desmodidae. Vorwiegend nachtaktiv, halten sich diese Tiere, wie die meisten Fledermausarten, tagsüber in Höhlen auf. Obwohl diese Tiere mit ihrem Blutdurst weder Mensch noch Tier direkt gefährden könnten (sie brauchen pro Nacht nur ca. ein Schnapsglas voll Blut), übertragen sie mit ihrem Biss gefährliche Krankheitserreger wie die Tollwut. Doch nicht nur Krankheitserreger finden sich in ihrem Speichel, sondern auch ein sehr wirksames Betäubungsmittel und ein Stoff, der die Blutgerinnung hemmt. Aber nicht nur Fledermäuse ernähren sich von Blut. Mücken, Zecken, Wanzen, Flöhe und viele andere Insekten haben sich auf die Blutsaugerei spezialisiert.

Einige Vampire haben es nicht auf Blut abgesehen, sondern auf Lebensenergie. Die sogenannten „Psychischen Vampire“ ernähren sich von Gefühlen (Empathen), Lebensenergie (Psi-Vampire) oder Astralenergie (Astral-Vampire) der Menschen. Dabei üben sie keine körperliche Gewalt aus und brauchen sich zum Teil nicht einmal in der unmittelbaren Nähe ihrer Opfer aufzuhalten. Auch Psychoterror kann eine Form des Vampirismus sein, wenn nämlich der „Vampir“, in welcher Form auch immer, andere Menschen von sich abhängig macht. Das kann die Mutter sein, die ihren Sohn nicht loslassen will oder der Ehemann, der seine Frau nicht freigeben mag. Böse Zungen behaupten sogar, dass Steuern und sonstige staatlichen Abgaben ein Art Vampirismus ist, und Politiker nichts anderes sind als Vampire, die das Volk finanziell aussaugen.

Letztendlich wurden alle Beweise für Vampire widerlegt. Und doch – eine mondlose Nacht, ein düsterer Waldweg und ein knackender Zweig, schon erwartet man halb, dass eine hochgewachsene, in einen schwarzen Mantel gehüllte blasse Gestalt auftaucht und mit stechendem Blick zwei weisse Fangzähne freigibt. Denn, in letzter Konsequenz, gibt es immer noch keinen Beweis, dass es KEINE Vampire gibt…

Ich wünsche angenehme Träume.

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